Hinweistafel für Dopingkontrolle bei der Deutschland-Tour 2005
Unter Doping versteht man die Einnahme von Substanzen oder die Nutzung von Methoden wie Blutdoping zum Zweck der Leistungssteigerung. Da dies als unfair betrachtet wird und zudem für den einzelnen Sportler gesundheitsschädigend sein kann, ist Doping in vielen Ländern verboten. Das Thema Doping ist aber auch ein häufig genutzter Aufhänger für die Diskussion, ob ein Leistungsvergleich schon dann gerecht ist, wenn alle Teilnehmer die selben Regeln einhalten müssen, oder ob zusätzlich gewährleistet sein muss, dass alle Teilnehmer die selben Möglichkeiten haben die gemessene Leistung zu erbringen.
Der Begriff stammt aus dem Englischen und stellt das Gerundium des Verbs dope, „Drogen verabreichen“ dar. Er wurde erstmals Ende des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit Pferderennen häufiger verwendet. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Stoffe wie Kokain, Morphin, Strychnin und Koffein als Dopingmittel benutzt. [1] Mit der Erfindung synthetischer Hormone in den 30er Jahren konnten auch diese zur Steigerung der sportlichen Leistungsfähgikeit eingesetzt werden. Die ersten Dopingkontrollen bei Olympischen Spielen wurden 1968 während der Olympischen Winterspiele in Grenoble und der Olympischen Spiele in Mexiko durchgeführt.
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DOPING
Ein Überblick über die Gegenwart und ein Ausblick in die Zukunft
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Allgemeine Informationen
Doping ist immer und überall - nicht nur im Sport, auch im Gesellschaftsleben. Alkohol, Beruhigungs- und Aufputschmittel, Rauschmittel wie Kokain - das sind heutzutage die unterstützenden Maßnahmen nicht nur zur persönlichen Lustgewinnung, sondern auch zur Stressbewältigung und beruflichen Leistungssteigerung. Und sie sind - klassisches Beispiel Alkohol - gesellschaftsfähig. Sie haben sich in unserer Leistungsgesellschaft etabliert, werden akzeptiert und toleriert.
Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und der Leistungssport ist ihr Spiegelbild. Im Leistungsport allerdings werden bedeutend strengere Maßstäbe als im gesellschaftlichen und beruflichen Alltag angesetzt.
Doping im Sport ist kein Phänomen der Neuzeit. Gedopt wurde nachgewiesenermaßen schon in der Antike bei den Griechen und Römern. Schon damals ging es nicht nur um Ruhm und Ehre, sondern auch um viel Geld. Allerdings war das Doping im antiken Griechenland aus heutiger Sicht eher ein “Schuss ins Blaue“ - mit allerlei (großteils unsinnigen) Mitteln wie Stierhoden, Fliegenpilzen und anderen Rauschmitteln wurde versucht, eine Leistungssteigerung herbeizuführen und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Dopingregeln und -verbote gab es weder bei den sportlichen Spielen im antiken Griechenland noch bei den Spektakeln im alten Rom.
Man sollte sich bewusst sein, dass im heutigen Spitzensport flächendeckend (um nicht zu sagen, lückenlos) gedopt wird. Wer das in Frage stellt, ist entweder blauäugig oder ein Heuchler. Um im Hochleistungssport konkurrenzfähig sein zu können und um es zu bleiben, ist man als Profisportler praktisch gezwungen, "unterstützende Mittel", sprich pharmakologische Unterstützung (die "chemische Keule") zu Hilfe zu nehmen. Immerhin geht es im Spitzensport nicht nur um "Ruhm und Ehre", sondern vor allem auch um viel Geld. Der Hochleistungssport ist ein Milliardengeschäft geworden, in dem ganze Industriezweige involviert sind. Zuschauer, Medien und Sponsoren erwarten Topleistungen von den Athleten. Sponsoren können aber nur mit einem nach außen hin "sauberen" Sport Marketing betreiben. Und der Athlet, der diesen Anforderungen gerecht werden soll, steckt in der Zwickmühle...
Aber auch im Breitensport sind Dopingmittel alles andere als ein Tabu. Hier steht oft weniger der Leistungsgedanke im Vordergrund als der “optische Aspekt“ des eigenen Körpers. Die sog. Muskeldysmorphie, das zwanghafte Streben nach einem muskulösen Körper, ist weiter verbreitet als man denkt (siehe “Der Adonis-Komplex“, dtv).Es ist kein Problem, weder für den Leistungssportler noch für den Otto Normalverbraucher, sich mit anabolen Steroiden und - wer das nötige Kleingeld hat - auch mit Wachstumshormon zu versorgen, sei es auf dem Schwarzmarkt oder auf ärztliches Rezept.
Der Anti-Doping-Code des IOC (Internationales Olympisches Komitee) besagt in Artikel 1 “Doping ist verboten“ und definiert im Artikel 2 “Doping“ als “Verwendung eines Mittels (einer Substanz oder einer Methode), die für den Athleten potentiell gesundheitsschädigend oder fähig ist, dessen Leistung zu steigern“ und weiters als “das Vorhandensein einer verbotenen Substanz im Körper des Athleten oder die Anwendung einer verbotenen Methode“.
Während der zweite Teil dieser Definition eine reine Auflistung pharmazeutischer Substanzen beinhaltet (siehe Dopingliste) und somit eine klare Grenze zwischen “erlaubt“ und “unerlaubt“ zieht, wirft der erste Teil einige Fragen nach der Gesundheitsgefährdung, der Dosis, der Leistungssteigerung im allgemeinen auf und ist somit in vielen Fällen Gegenstand der Interpretation.
Auf dem Weg zu einer neuen, weltweit gültigen Form der Bekämpfung des Dopings im Sport wurde heuer von der WADA (Welt-Anti-Doping-Agentur) der erste Entwurf des Welt-Anti-Doping-Codes zur Begutachtung ausgeschickt. Dieser unterscheidet sich in seinem Aufbau vom bisherigen Code des IOC (siehe unten). Es ist zu hoffen, dass es gelingt, international einheitliche Richtlinien in den derzeit komplexen Dschungel unterschiedlicher Regelungen zu bringen.
An dieser Stelle sei nur die Willkür des Kontrollsystems erwähnt. Das System der Dopingtests ist schlüpfrig und willkürlich. Während bei uns Trainingskontrollen in fast allen Sportarten (zumindest theoretisch) an der Tagesordnung sind (wobei es immer wieder “undichte Stellen“ gibt, wodurch dann natürlich kein Überraschungseffekt mehr gegeben ist, wenn die Athleten auf die Kontrolle “vorbereitet“ sind und die verbotenen Substanzen rechtzeitig absetzen können), werden in anderen Ländern viel zu selten oder gar keine Dopingtests durchgeführt. Ein gutes Beispiel für die Willkür des Kontrollsystems liefert uns die USA: Viele Athleten starten dort als Student einer Universität und umgehen so die Trainingskontrollen, denn laut Gesetz ist es in den U.S.A. untersagt, Studenten auf die Einnahme verbotener Mittel zu kontrollieren.
Auch das IOC trägt nicht gerade zur Verbesserung dieser Misere bei: Nachdem die bulgarischen Gewichtheber schon von den Olympischen Spielen in Sydney aufgrund dreier positiver Dopingtests im Team ausgeschlossen worden waren, wurde die Strafe einen Tag später in eine Geldstrafe umgewandelt. So hat es den Anschein, dass jeder ungestraft dopen kann, solange er nur über das nötige Kleingeld verfügt...
Außerdem sind die Dopingstrafen und -tests von Verband zu Verband verschieden. Wünschenswert wäre ein weltweit einheitlicher Strafenkatalog, nach dem sich jede Sportart in jedem Land zu richten hat. Trotz des Einsatzes modernster Nachweismethoden ist es bisher noch nicht möglich, die Einnahme sämtlicher verbotener Substanzen dem Athleten nachzuweisen.
Hätten Dopingtests 100%igen Erfolg, kann man davon ausgehen, dass das heutige Leistungsniveau der Weltspitze auf das der 60er-Jahre (wenn nicht sogar auf das der 50er-Jahre, denn die 60er-jahre waren auch nicht mehr "clean"...) absinken würde.
Ein negativer Dopingtest bedeutet noch lange nicht, dass der Athlet/die Athletin “clean“ ist. Die immer wieder getätigte Aussage “Ich wurde schon oft getestet und das Ergebnis war immer negativ“ ist alles andere als ein überzeugendes Argument, sondern vielmehr null und nichtig.
Schlimmer als das Leugnen der Athleten ist die Korruption und die Heuchelei der Sportfunktionäre. Eigentlich weiß jeder, angefangen vom Zeugwart über die Trainer und Mannschaftsärzte bis hin zu den Verbandspräsidenten, was sich hinter den Kulissen des Leistungssports abspielt. Das Tabuisieren des heiklen Thema “Doping“ - auch durch die Medien - lässt dem Athleten keine andere Wahl als das Leugnen. Ein ertappter Doping“sünder“ steht plötzlich allein im Regen da und wird nicht nur von der Öffentlichkeit incl. der Medien, sondern auch vom eigenen Sportverband als “schwarzes Schaf“ gebrandmarkt - und nicht selten auch noch von seinen “Kollegen“. Jeder ist sich selbst der nächste, der Leistungssport kennt kein Erbarmen. Die scheinbar heile Welt darf nicht zerstört werden.
Eines steht jedoch fest: Ein des Dopings überführter Athlet darf nicht kriminalisiert werden. Doping ist ein Betrug auf sportlicher Ebene (das oft angeführt Argument des wirtschaftlichen Betrugs ist im Profisport nichtig, da hier erst recht Wettbewerbsgleichheit herrscht), ein schweres “Foul“ sozusagen, aber kein kriminelles Delikt, das gerichtlich geahndet werden muss. Ein des Dopings überführter Sportler ist ohnehin bereits genug gestraft, wenn er als “Dopingsünder“ stigmatisiert wird, seine Sponsoren verliert und eine jahrelange Sperre ausfasst. In den meisten Fällen bedeutet ein positiver Dopingtest das Karriereende für den betroffenen Sportler.
Wäre es nicht ein ethisches Problem, wäre es nur recht und billig (man würde sich das Geld für Dopingkontrollen sparen) und vor allem ehrlich, das Dopen freizugeben. Schließlich wird in unserer Gesellschaft auch Alkohol- und Medikamentenmissbrauch akzeptiert und toleriert. Der Athlet ist ein mündiger Mensch und sollte wissen, was er tut. Er soll über die poteniellen Gesundheitsrisiken der Dopingmittel aufgeklärt werden und dann entscheiden. Dass mit einer Freistellung des Doping eine Desillusionierung verbunden ist, ist klar. Aber es ist höchst an der Zeit, der Öffentlichkeit die Augen zu öffnen - wenn sie gewisse Leistungen erwartet, soll sie wissen, dass diese ohne pharmakologische Unterstützung nicht möglich sind - eine Maßnahme, die die Leistung entweder direkt steigert oder durch Beschleunigung der Regeneration indirekt steigert. Kein Mensch vermag “clean“ die 100 Meter unter 10 Sekunden zu laufen oder die Tour de France mit einem Schnitt von über 40 km/h zu bewältigen, obwohl zwischen den harten Etappen über die Alpen und Pyrenäen nur wenige Stunden zur Erholung bleiben.
Was die Vorbildwirkung gedopter Sportidole auf die Jugend betrifft, ist diese ohnehin eine fragwürdige - die ursprüngliche Definition des Begriffes “Idol“ als “Scheinbild“ und “Trugbild“ ist hier mehr als zutreffend.
Ein weiteres, nachhaltiges Problem, das vielfach nicht bekannt ist, darf nicht vergessen werden: Doping birgt ein Suchtpotenzial. Viele Sportler begeben sich in eine Medikamentenabhängigkeit, die nicht nur psychischer Natur ist, indem sie glauben, nicht mehr “ohne“ auskommen zu können, sondern - wenn sie auch Opioide und Opiate einnehmen (was nicht nur im Profiradrennsport, sondern z.B. auch im Bodybuilding üblich ist, um Schmerzen zu bekämpfen und den euphorisierenden Effekt zur Leistungssteigerung zu nutzen) - auch zu einer körperlichen Abhängigkeit führen kann. Nicht wenige dieser Athleten greifen in weiterer Folge zu Kokain und sogar Heroin. An dieser Stelle sei Marco Pantani als warnendes Beispiel genannt, dessen erfolgreiches Sportlereben auf so tragische Weise endete.
Da der Leistungssport von der Resonanz der Öffentlichkeit lebt, wird eine Freigabe des Doping auch weiterhin Utopie bleiben. Denn damit würde sich die Anzahl der Sponsoren und deren Zahlungskraft drastisch reduzieren: Mit gedopten Athleten lässt sich kein Geld verdienen. Kein Sponsor will sein Firmenimage ruinieren. Aber ebenso kann sich kein Sponsor jemals sicher sein, dass sein Athlet bzw. sein Team “clean“ ist. Er will es auch gar nicht wissen.
Leistungssport hat “sauber“ zu sein - wenngleich er es schon lange nicht mehr ist...
Ob es jemals einen (Aus)weg aus der jahrtausendalten Misere gibt? Das ist sehr unwahrscheinlich. Da die Freigabe von Doping ethisch nicht vertretbar ist, bleibt nur der Versuch, die weite Verbreitung des Dopings möglichst publik zu machen. Dazu können nicht nur wir Ärzte in Kooperation mit den Medien beitragen, sondern auch das Outing ehemaliger Spitzensportler wie z.B. des ehemaligen österreichischen Weltklassesprinters Andreas Berger, der heute ganz offen über seinen Werdegang spricht, was ihm hoch anzurechnen ist. Wenn seinem Beispiel noch viele weitere Athleten folgen würden, könnte dies nicht nur der breiten Öffentlichkeit die Augen öffnen und die Jugend abschrecken, sondern auch Sponsoren zu einem Umdenken bei der finanziellen Unterstützung des Profisports bewegen und so die finanziellen Anreize für den Einstieg in den Teufelskreis Doping vermindern.
IOC-Dopingliste 2003 (Liste 2005 und link zur Liste 2006 siehe unten)
I. Verbotene Substanzklassen
A) Stimulantien: Amiphenazol, Amphetamin, Bromantan, Koffein*, Carphedon, Cocain, Ephedrin*, Fencamfamin, Mesocarb, Pentetrazol, Pipradrol, Beta-2-Agonisten (siehe unter Punkt C) (* Grenzwerte für die Harnkonzentration, siehe unten)
B) Narkotika: Buprenorphin, Dextromoramid, Diamorphin (Heroin), Methadon, Morphin, Pentazocin, Pethidin...
C) Anabole Wirkstoffe:
1. Androgen-anabole Steroide:
a) Clostebol, Fluoxymesteron, Metandienon, Metenolon, Nandrolon, Oxandrolon, Stanozolol..., neu: THG (Tetrahydrogestrinon), aber auch die "Prohormone" 19-Norandrostendion und 19-Norandrostendiol
b) Testosteron, Dihydrotestosteron sowie die Prohormone der Nebennierenrinde DHEA, Androstendion und Androstendiol
2. HGH (siehe unten): Human growth hormone (menschliches Wachstumshormon) = STH = somatotropes Hormon = Somatotropin (siehe unten)
3. Beta-2-Agonisten (Beta-2-Sympathicomimetika, stimulieren die Beta-2-Rezeptoren des Sympathicus): Clenbuterol, Bambuterol, Fenoterol, Reproterol, Salbutamol*, Terbutalin *, Formoterol*, Salmeterol* (* nur als Inhalation bei Asthma bronchiale erlaubt mit entspr. schriftlicher Meldung durch einen Lungenfacharzt an die zuständige medizinische Behörde)
D) Diuretika (Entwässernde Medikamente): Furosemid (bekanntester Handelsname: LASIXR), Etacrynsäure, Bumetanid, Hydrochlorothiazid, Chlortalidon, Acetazolamid, Mannitol, Mersalyl, Spironolacton, Triamteren...
E) Peptidhormone und Analoga: HGH (human growth hormone, siehe unten), EPO (Erythropoietin, siehe unten), Insulin (nur als Therapie bei Diabetes mellitus erlaubt), IGF-1 (insulin like growth factor), ACTH (adrenocorticotropes Hormon = Corticotropin), HCG* (human chorionic gonadotropine = Choriongonadotropin), LH* (luteinisierendes Hormon) (* beim Mann verboten)
F) Antiöstrogene: Tamoxifen, Clomiphen, Cyclofenil
G) Maskierende Verbindungen: Diuretika, Epitestosteron, Probenecid und Plasmaexpander
II. Verbotene Methoden
1. Blutdoping: Verabreichung von Blut, roten Blutkörperchen, rekombinantem, modifiziertem oder quervernetztem Hämoglobin ("HemAssist", "Hemopure", siehe unten) sowie künstlichen Sauerstoffträgern (PFC's und RSR13), die für den Einsatz in der Notfallmedizin entwickelt wurden.
2. Pharmakologische, chemische und physikalische Manipulation: Einsatz von Substanzen bzw. Methoden, die die Integrität und Gültigkeit der für Dopingkontrollen verwendeten Proben verändern, zu verändern versuchen oder voraussichtlich verändern werden:
Diuretika, Katheterisierung, Austausch und Manipulation von Harnproben (siehe "Gedopt" von Willy Voet, Sport Verlag Berlin), Hemmung der Urinausscheidung von anabolen Steroiden (z.B. durch Probenecid) sowie Veränderung der Testosteron- und Epitestosteronmessung (z.B. durch Verabreichung von Epitestosteron oder Bromantan. Bei einer Epitestosteronkonzentration im Urin von mehr als 200 Nanogramm pro Milliliter wird auf Testosteron untersucht).
3. Gendoping: Nicht-therapeutische Verwendungen von Genen, genetischen Elementen und/oder Zellen (siehe unten)
III. Eingeschränkt zugelassene Wirkstoffe
1. Alkohol: Wenn die Vorschriften einer zuständigen Behörde dies vorsehen, werden Tests auf Äthanol durchgeführt.
2. Cannabinoide: Wenn die Vorschriften einer zuständigen Behörde dies vorsehen, werden Tests auf Cannabinoide (z.B. Marihuana, Haschisch) durchgeführt. Bei den Olympischen Spielen sind Tests auf Cannabinoide durchzuführen. Eine Konzentration von 11-Nor-Delta 9-Tetrahydrocannabinol-9-Carbonsäure (Carboxy-THC) von mehr als 15 Nanogramm pro Milliliter Urin ist verboten.
3. Lokalanästhetika: nur lokale oder intraartikuläre Injektionen erlaubt, wenn medizinisch gerechfertigt: Bupivacain, Lipocain, Mepivacain, Procain. Nicht Cocain! Adrenalinzusatz zur Vasokonstriktion erlaubt.
4. Glucocorticosteroide: Systemische (orale oder intravenöse) Anwendung verboten. Erlaubt ist die lokale Anwendung (nasal, anal, am Ohr, am Auge, auf der Haut) sowie als Inhalation. Weiters als intraartikuläre oder lokale Injektion (eventuell Meldung an die zuständige Behörde erforderlich).
5. Betablocker: Acebutolol, Alprenolol, Atenolol, Bisoprolol, Labetalol, Metoprolol, Nadolol, Oxprenolol, Propanolol, Sotalol... Wenn die Vorschriften eines internationalen Sporverbandes dies vorsehen, werden Tests auf Betablocker durchgeführt. Die Entscheidung, ob Betablocker erlaubt oder verboten sind, hängt von der Sportart ab und obliegt dem entsprechenden Sportverband (z.B. im Sportschießen verboten, da eine Absenkung der Herzfrequenz einen Vorteil mit sich brächte).
Grenzwerte für Substanzkonzentrationen im Harn
(Überschreitung = Dopingvergehen)
Substanz
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Konzentration
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Koffein* |
> 12 µg/ml |
Cathin |
> 5 µg/ml |
Ephedrin |
> 10 µg/ml |
Methylephedrin |
> 10 µg/ml |
Pseudoephedrin* |
> 25 µg/ml |
Phenylpropanolamin* |
> 25 µg/ml |
Carboxy-THC |
> 15 ng/ml |
Morphin |
> 1 µg/ml |
Salbutamol |
> 1 µg/ml |
19-Norandrosteron (Mann) |
> 2 ng/ml |
19-Norandrosteron (Frau) |
> 5 ng/ml |
Epitestosteron |
> 200 ng/ml |
Testosteron / Epitestosteron** |
> 6 |
* mit 01.01.2004 von der Dopingliste gestrichen (ebenso Phenylephrin)
** seit 1. Januar 2005 T/E-Verhältnis > 4
Hauptwirkungen der anabolen Wirkstoffe (Anabole Steroide, HGH, Clenbuterol)
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Förderung und Beschleunigung des Muskelmasseaufbaus: Domäne im Bodybuilding sowie in Kraft- und Sprintsportarten. Häufig (im Bodybuilding obligat) werden mehrere Anabolika in manchmal irrwitzig hoher Dosierung (mehrere 1000mg pro Woche) kombiniert ("Kuren").
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Beschleunigung der muskulären Regeneration: Dieser Aspekt kommt vor allem im Ausdauersport zum Tragen. Hiefür genügen kleinere Dosierungen von z.B. Testosteron.
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Förderung des Körperfettabbaus (v.a. durch HGH)
Anabole Steroide bewirken noch einen stimulierenden Effekt auf die Erythropoese (Bildung roter Blutkörperchen im Knochenmark), zwar nicht so effizient wie Erythropoietin und Darbepoietin, aber doch signifikant (wurden vor deren Einführung in der Medizin zur Therapie gewisser Anämieformen eingesetzt).
Clenbuterol wirkt als Beta-2-Sympathicomimetikum zudem erweiternd auf die Bronchien (als Asthmamedikament zwar obsolet, aber immer noch registriert!) mit sympathicotonen Nebenwirkungen in höherer Dosierung (Tachycardie, Zittern, Schwitzen, innere Unruhe).
In den letzten Jahren hat im Spitzensport das HGH die anabolen Steroide als Anabolikum erster Wahl weitgehend abgelöst, zumal es bis dato nicht bei Dopingkontrollen nachweisbar ist, besser gesagt, nachgewiesen wird (siehe unten).
Nebenwirkungen und Gesundheitsrisiken der Dopingmittel
Androgen-anabole Steroide:
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Verschlechterung der Blutfettwerte, v.a. signifikante Absenkung des "guten", vor Gefäßverkalkung schützenden HDL —> Atherogenese und Atherothrombose: erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko: schwerwiegendste Nebenwirkung!
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Psychotrope Effekte (vielfach unterschätzt!): Aggressionstendenzen, aber auch depressive Verstimmungen
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Medikamentös-toxisch induzierte Hepatitis (erhöhte Leberwerte im Blut), reversibel
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Potentielles Risiko eines Lebertumors, einer Prostatahypertrophie und evtl. -tumors
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Akne ("Steroidakne"): Gesicht, Brust, Schultern, Rücken
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Negative Rückkopplung auf die hypothalamisch-hypophysär-gonadale Hormonachse: Unterdrückung der Hodenaktivität, Sterilität, Hodenatrophie. Bei der Frau Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung). Reversibel nach Absetzen.
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Androgener Effekt: Zum Teil irreversible Virilisierung (Vermännlichung) der Frau: männliche Gesichtszüge, Hirsutismus (männlicher Behaarungstyp), Klitorishypertrophie, Absenkung der Stimmlage
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Feminisierender Effekt beim Mann (durch Umwandlung in Estrogene mit entsprechender Wirkung an Estrogenrezeptoren): Zum Teil irreversible Gynäkomastie = Vergrößerung der Brustdrüse (oft operative Entfernung notwendig).
HGH (Wachstumshormon):
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Induktion einer diabetischen Stoffwechsellage (deswegen ab einer gewissen Dosis zusätzlich Insulin notwendig)
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"Artifizielle" Akromegalie (Größerwerden der Akren = knöcherne Körperenden, wie Nase, Kinn, Augenbrauen- und Jochbeinbogen, Finger, Zehen, aber auch der Gesichtsweichteile wie der Zunge und der Lippen) mit potentiellem Risiko einer Cardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung) sowie des "Weckens" eines im Körper "schlafenden" Tumors.
EPO (Erythropoietin):
Beides kann tödlich sein!
Die PRCA (pure red cell aplasia: immunologisch bedingte ausbleibende Bildung der Erythrozyten) als mögliche Nebenwirkung einer subcutanen EPO-Applikation wurde bislang nur bei chronisch niereninsuffizienten Patienten beschrieben (weswegen diese Patienten EPO nur intravenös erhalten dürfen).
Blutdoping
Das “klassische“ Blutdoping gehörte eigentlich schon der Vergangenheit an. Durch die mittlerweile mögliche Nachweisbarkeit des Erythropoietin-Dopings erlebt es neuerdings eine Renaissance. Dabei wird dem Ausdauerathleten ein paar Wochen vor dem Wettkampf ca. ein halber bis ein Liter Blut abgenommen, als Vollblut oder Erythrozytenkonzentrat konserviert und ca. einen Tag vor dem Wettkampf wieder infundiert. Durch diese Eigenblutspende hat der Sportler somit bedeutend mehr rote Blutkörperchen als Sauerstoffträger zur Verfügung, um die O2-Versorgung der Muskelzelle und damit die Ausdauerleistungsfähigkeit zu verbessern [siehe “DIE MAXIMALE SAUERSTOFFAUFNAHME ALS BRUTTOKRITERIUM DER AUSDAUERLEISTUNGSFÄHIGKEIT“]. Die zweite Möglichkeit ist die einer Transfusion von Fremdblut der gleichen Blutgruppe. Der Nachteil liegt im akut deutlich erhöhten Blutvolumen, was eine Mehrbelastung für das Herz-Kreislauf-System bedeutet.
Vor über 10 Jahren wurde das menschliche Peptidhormon Erythropoietin (EPO, Epoetin) zur Behandlung von Patienten mit Anämie ("Blutarmut") auf den Markt gebracht, vor allem von Dialysepatienten. Dieses Hormon, dessen Vorstufe in der Leber gebildet und von der Niere aktiviert wird, stimuliert die Bildung der roten Blutkörperchen (Erythrocyten) im Knochenmark. Heute wird Erythropoietin gentechnologisch erzeugt und nicht nur bei Patienten mit Niereninsuffizienz, sondern auch bei Krebspatienten und weiteren Erkrankungen, die mit einer Anämie einhergehen, eingesetzt (Handelsnamen z.B. ERYPO® = Epoetin alpha, RECORMON® = Epoetin beta).
Es war absehbar, dass dieses Mittel auch den Weg in den Ausdauersport finden würde. Damit wurde die "alte" Methode des Blutdopings überflüssig. Mit regelmäßigen Injektionen unter die Haut (subcutan) oder direkt ins Blut (intravenös) war es möglich, die Zahl der roten Blutkörperchen deutlich zu vermehren, ohne dass das Blutvolumen stieg. Das bedeutete aber zwangsläufig ein "Dickerwerden" des Blutes, das aus medizinischer Sicht gesundheitliche Risiken birgt.
Tatsächlich kam es Ende der 80er und Anfang der 90er-Jahre zu mehreren - nicht publik gemachten! - akuten Todesfällen bei Rad-Profis. Nicht umsonst wurde für den Hämatokrit ein oberer Grenzwert von 50% beim Mann bzw. 47% bei der Frau zum Schutz der Sportler festgelegt (Der Hämatokrit ist der Anteil der festen Blutbestandteile, also der Blutkörperchen, am gesamten Blutvolumen. Er ist quasi das Verhältnis zwischen der festen und der flüssigen Phase des Blutes und sagt aus, wie “dick“ das Blut ist). Ein zu “dickes“ Blut stellt nicht nur eine deutliche Mehrbelastung für das Herz dar (à mögliches akutes Versagen der Pumpfunktion der rechten Herzkammer), sondern birgt auch die Gefahr der Gerinnselbildung (à Herzinfarkt, Schlaganfall). Wenn man weiß, dass Ausdauertraining zu einer Vermehrung des Blutplasma und damit zu einer “Verdünnung“ des Blutes mit Hämatokritwerten deutlich unter 50% führt, kann man nachvollziehen, dass ein Spitzen-Ausdauerausdauerathlet mit einem Wert von 50% oder sogar mehr nicht “clean“ ist (Marco Pantani als prominentes “Opfer“ wurde mit einem Hämatokrit von über 60% “erwischt“). Eine von vornherein bestehende, medizinisch erklärbare Polyglobulie (Vermehrung roter Blutkörperchen) kommt bei Ausdauersportlern sehr selten vor. Nicht ohne Grund besitzen alle Profi-Radrennställe schon seit Jahren ein Laborgerät zur Bestimmung des roten Blutbildes einschließlich des Hämatokrits, um ihre Fahrer bzw. deren “Blutdicke“ regelmäßig “im Auge“ behalten zu können.
Dass bezüglich der “erlaubten Obergrenze“ keine sportartübergreifenden einheitlichen Bestimmungen bestehen, ist eigenartig: So wird im Schilanglauf nicht der Hämatokrit, sondern der Hämoglobinwert (Grenzwert 17 mg/dl beim Mann bzw. 16 mg/dl bei der Frau) herangezogen (Hämoglobin ist der “rote Blutfarbstoff“ des Erythrocyten, an den der Sauerstoff gebunden wird). Im Biathlon hingegen ist wie im Radsport der Hämatoktrit der Hinweisparameter auf Doping mit EPO, allerdings gilt hier ein Grenzwert von 52%. Warum mit zweierlei Maß gemessen wird, entbehrt jeglicher rationellen Grundlage.
Die missbräuchliche Verwendung von Erythropoietin war - da ein körpereigenes Hormon - lange Zeit nicht bei Dopingkontrollen nachweisbar. Wurde ein Radsportler mit einem Hämatokrit von über 50% “erwischt“, bekam er eine “Stehzeit“ von einige Wochen “aufgebrummt“, nicht nur als Strafsanktion, sondern auch zu seinem gesundheitlichen Schutz. Heute ist der direkte Nachweis im Harn möglich (Mit dieser Technik, die auf isoelektrischer Fokussierung und Double-blotting sowie Sichtbarmachung mittels Chemiluminiszenzreaktion basiert, lassen sich die endogenen Epo-Isoformen von denen der rekombinant hergestellten Erythropoietine eindeutig unterscheiden), ebenso wie der Nachweis von Hydroxyethylstärke (HES), die als sog. Plasmaexpander einen zu hohen Hämatokrit in den “erlaubten“ Bereich senken kann. Plasmaexpander sind kolloidale Infusionslösungen, die - wie schon der Name sagt - eine “Streckung“ des Blutplasmas und damit eine “Verdünnung“ des Blutes bewirken.
Anmerkung: Auch eine Infusion mit Humanalbumin (dem Hauptbestandteil der menschlichen Proteine im Blut), das nicht so leicht als “Doping-Verschleierung“ erfasst werden kann, kann einen erhöhten Hämatokrit senken (Es wundert mich, dass die finnischen Schilangläufer, die man bei ihrer Heim-WM in Lahti 2001 überführt hatte, nicht darauf zurückgegriffen haben).
Seit ca. zwei Jahren gibt es neben Erythropoietin mit Darbepoetin alpha ein zweites Mittel, das die Bildung der roten Blutkörperchen im Knochenmark stimuliert. Es ist strukturell mit Erythropoietin eng verwandt und hat eine verlässlichere Wirkung als Erythropoietin. Das dürfte den überragenden Langläufer bei den olympischen Spielen in Salt Lake City, Johann Mühlegg, dazu bewogen haben, im Vorfeld der Spiele die Anzahl seiner roten Blutkörperchen mit Hilfe von ARANESP® (Handelsname für Darbepoetin alpha) zu erhöhen. Was er offensichtlich nicht bedachte, war, dass Darbepoetin eine dreimal so lange Halbwertszeit wie Erythropoietin hat und somit entsprechend länger nachweisbar ist. Womit er nicht gerechnet hatte, war der erstaunliche Umstand, dass ausnahmsweise diesmal die Dopingjäger die Nase vorn hatten und (mit Hilfe der Erzeugerfirma) einen Test zum Nachweis von Darbepoetin entwickelt hatten (Normalerweise hinken sie den Dopern immer hinterher. Mühlegg war übrigens nicht der einzige Athlet bei den Winterspielen 2002, der positiv auf Darbepoetin getestet wurde).
Das Dopen mit Darbepoetin wird sich kaum etablieren. Es ist zwar hocheffektiv, aber aufgrund der längeren Halbwertszeit nicht so gut steuerbar wie Erythropoietin und somit auch riskanter hinsichtlich eines positiven Dopingbefundes.
Auch Erythropoietin scheint als Blutdoping ausgedient zu haben. Die Ereignisse bei der “Skandal-Tour“ (Tour de France 1998) haben entscheidend dazu beigetragen, dass sich die Athleten neue “Wege“ erschlossen haben:
Seit ca. zwei Jahren werden zunehmend "Sauerstoffträger" verwendet. In erster Linie sind es Hämoglobine:
1) rekombinantes Hämoglobin (HemAssist®)
2) Oxyglobin (Hemopure®)
Weiters sind künstliche Sauerstoffträger wie Perfluorkohlenwasserstoffe (PFC's) "im Spiel" (die für den Einsatz in der Notfallmedizin entwickelt wurden).
Zu 1: Die Fa. BAXTER hat vor über zwei Jahren ihr neu entwickeltes rekombinantes (gentechnologisch erzeugtes) menschliches Hämoglobin HemAssist® wieder vom Markt genommen, nachdem es in einer klinischen Anwendungsstudie zu ein paar Todesfällen gekommen war. Umso interessanter ist der Umstand, dass dieses Mittel keinesfalls "vom Tisch" ist, sondern heute auf dem Schwarzmarkt um einen Wahnsinnspreis (fast 2000 Euro pro Ampulle à 2 ml) gehandelt wird - einen Preis, den Radprofis zu zahlen bereit sind, da HemAssistR eine enorme Wirksamkeit hinsichtlich einer Leistungssteigerung nachgesagt wird. Das rekombinante Hämoglobin wird intravenös injiziert, seine Wirkung, die sofort eintritt, soll 4 Wochen anhalten.
Zu 2: Oxyglobin ist ebenfalls ein Hämoglobin, genauer ein Rinder-Hämoglobin-Glutamer (Hemopure®, Fa. BIOPURE), das in der Tiermedizin als Glutamer-250 zur Anämiebehandlung bei Hunden zur Anwendung kommt und jetzt als Glutamer-200 für die Humanmedizin auf den Markt kommen soll. In Südafrika ist es als solches schon in Verwendung (laut Radsport-Insider ein Grund, warum Südafrika ein beliebtes Land für Trainingslager im Winter geworden ist...).
Laut Firmeninformation hätte Hemopure® im Sommer 2002 in den U.S.A. und wenig später auch in Europa auf den Markt kommen sollen.
Hemopure® soll neben HemAssist® das heute im Profi-Radrennsport verwendete "unterstützende" Mittel zur Steigerung der Ausdauerleistungsfähigkeit sein. Wie HemAssistR soll es sehr teuer sein (man braucht also potente Sponsoren...) und wird unmittelbar vor dem Rennen intramuskulär injiziert.
Und vor allem: es gibt (noch) keinen Dopingnachweis...
Daneben gibt es noch veränderte Hämoglobinprodukte (Blutersatzstoffe auf Hämoglobinbasis, Mikrokapseln mit Hämoglobinprodukten) sowie synthetische Sauerstoffträger wie Perfluorkohlenwasserstoffe (PFC) und RSR 13 (Efaproxiral). Welche Rolle sie heute als “Blutdoping“ spielen bzw. sie künftig spielen werden, ist (zumindest mir) unklar.
Links
1) HemAssist®:
http://www.baxter.com/utilities/news/releases/1998/03-31hemassist.html
http://www.welt.de/daten/2001/06/13/0613med260227.htx
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,141354,00.html
2) Biopure® (Hemopure®):
http://www.corporate-ir.net/ireye/ir_site.zhtml?ticker=BPUR&script=410&layout=7&item_id=226358
http://www.welt.de/daten/2001/06/13/0613med260227.htx
http://www.biopure.com/oxy_therapeutics/home_oxyther.html
3) http://allos.com (link zu RSR13)
Prohormone
Ende der 90-er Jahre, gehäuft vor allem im Jahre 2000, kam es zu einer Vielzahl an positiven Dopingtests auf das anabole Steroid Nandrolon. Petr Korda, der schmächtige tschechische Tennisstar, war 1998 das erste prominente "Opfer". Der aufsehenerregendste Fall war 1999 die Farce um den 5000m-Olympiasieger Dieter Baumann, der bis dato als "Saubermann" galt und einer manipulierten Zahnpasta die Schuld gab. Weitere prominente "Opfer" waren die "große alte Dame des Sprints", Merlene Ottey und ihr männlicher Gegenpart, Olympiasieger Linford Christie (der früher schon mit einem positiven Testosteronbefund getestet worden war, aber aufgrund eines medizinischen Attests ungeschoren geblieben war...) sowie der schwergewichtige amerikanische Kugelstoßer C.J. Hunter, damals noch Ehemann der weltbesten Sprinterin der Gegenwart, Marion Jones, dessen positiver Befund bei den Olympischen Spielen in Sydney bekannt wurde. Man erinnere sich seine tränenreiche Unschuldsbeteuerung auf der Pressekonferenz. Im letzten Jahr sorgten die niederländischen Fußballer Edgar Davids und Frank DeBoer für Schlagzeilen.
Wie sind diese gehäuften Dopingfälle auf Nandrolon zu erklären?
Nandrolon wird in der Medizin unter gewissen Indikationen therapeutisch eingesetzt (Handelsname z.B. DECA-DURABOLIN®). Es wird intramuskulär injiziert. Sportler wissen um die lange Nachweisbarkeit einer Nandrolon-Injektion im Dopingtest, weshalb dieses anabole Steroid nicht mehr so oft wie früher als "unterstützendes Mittel" zur Anwendung kommt.
In den U.S.A. sind schon seit Jahren sog. "Prohormone" frei erhältlich. In "health stores, "vitamine stores" und "fitness stores" kann man diese Präparate, die als "Nahrungsergänzungsmittel" gelten, und nicht nur für den Sport sondern auch als "anti aging"-Mittel "OTC" (over the counter) kaufen. Mittlerweile kann man das problemlos auch über das Internet.
Gemeint sind die Prohormone der Nebennierenrinde und deren Derivate (Abkömmlinge).
Während DHEA (Dehydroepiandrosteron), das als "Jungbrunnenhormon" gilt, seine Domäne in der "Anti-aging-Medizin" hat, ist es im Sport das Androstendion (zu dessen Einnahme sich der Baseballstar Mark McGwire offen bekannte, nachdem er einen neuen Homerun-Rekord aufgestellt hatte) und dessen Derivate, die zum Einsatz kommen, insbesondere Norandrostendion. Weiters gibt es noch das Androstendiol und dessen Derivate.
Norandrostendion wird in der Leber zu Nandrolon metabolisiert, das im Harn nachgewiesen werden kann. Das scheinen viele Sportler im Glauben, nur ein Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, nicht bedacht zu haben bzw. waren sie im Vorfeld unzureichend aufgeklärt.
Die Einnahme des "Prohormons" Norandrostendion als vermeintlich legales Produkt erklärt somit auf einfache Weise einen positiven Dopingtest auf Nandrolon.
Daneben ist seit zwei Jahren ein Problem aufgetaucht, das offensichtlich vielen Sportlern zum Verhängnis wurde: Die Kontamination von Nahrungsergänzungsmittel (Proteinkonzentrate, Kreatin usw.) mit Prohormonen, speziell mit Norandrostendion. Diese "Verunreinigungen" kommen dadurch zustande, dass im Produktionsprozess Prohormone "verschleppt" wurden, indem nach deren Erzeugung und Abfüllung die Maschinen nicht ausreichend gereinigt wurden und somit vor allem die ersten nachfolgenden Chargen der Nahrungsergänzungsmittel Reste von den zuvor abgefüllten Prohormonen enthalten können. Untersuchungen einer Vielzahl von Nahrungsergänzungsmitteln haben einen Prohormongehalt zwischen 0.003 µg und 13 mg/g ergeben. Bereits 1 µg genügt, um zu einem positiven Dopingtest zu führen!
Bei den teilweise exzessiv hohen Nandrolonkonzentrationen, die im Harn mancher Athleten festgestellt wurden, ist es jedoch offensichtlich, dass in diesem Fall kein "verunreinigtes" Nahrungsergänzungsmittel, sondern ganz bewusst das Prohormon Norandrostendion bzw. ein Prohormon-Gemisch ("Stack") eingenommen wurde.
Außerdem ist eine signifikante anabole Wirksamkeit von Norandrostendion und der anderen Prohormone ohnehin fraglich. Die "Kosten-Nutzen-Relation" fällt eher ungünstig aus, weshalb die Prohormone z.B. im Bodybuilding keinen Stellenwert (mehr) haben.
Ein besonderer Fall ist das u.a. von der Fa. "Sledgehammer" (nomen est omen...) vertriebene Produkt "STANOZOLON II", das als herausragendes Muskelauf- und Fettabbaupräparat angepriesen wird. Was bei Auflistung der Zusammensetzung (neben 19-Norandrostendion und 4-Androstendiol, Chrysin, Kreatin und Tribulus terrestris noch Guarana und Ma Huang als Coffein- bzw. Ephedrinzusatz) jedoch nicht angeführt ist, sondern sich unter Schlagworten wie "1-T Matrix" oder "AD-4 Komplex" verbirgt, ist das "harte" Anabolikum Methandienon, wie die Analyse des österreichischen Dopingkontroll-Labors in Seibersdorf ergab.
Allein die Anlehnung des Markennamens an das anabole Steroid Stanozolol ist vielsagend (Stanozolol ist jenes Anabolikum, das dem berühmtesten Dopingsünder der Geschichte, dem Olympiasieger 1988 im 100m-Lauf, Ben Johnson, zum Verhängnis wurde).
Dass Prohormonpräparate und Nahrungsergänzungsmittel Substanzen beinhalten, die nicht auf dem Etikett vermerkt sind, ist nicht nur unseriös, sondern aus medizinischer Sicht bedenklich und verwerflich.
Wachstumshormon (HGH)
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